1.1. Krebs ist nicht gleich Krebs

1.1. Krebs ist nicht gleich Krebs

Krebs ist nicht gleich Krebs​

Viele Leute denken, dass Krebs ausschließlich ältere Menschen trifft. Dies ist aber keineswegs der Fall: Krebserkrankungen können auch in jüngeren Jahren auftreten. Manche Krebsarten findet man dann sogar besonders häufig. Dennoch kommt eine Krebsdiagnose insbesondere im jüngeren Lebensalter oft unerwartet und bringt Verunsicherung und Fragen mit sich. Hier erhältst du einen Überblick zu ein paar der besonders häufigen Krebsarten bei jungen Erwachsenen inklusive ihrer möglichen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit..


Leukämien

Leukämien, auch als Blutkrebs bekannt, sind eine Gruppe von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems.t.1,2 Grund für das Auftreten von Leukämien sind Störungen beim Reifungsprozess der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Anstatt der vollständig entwickelten Blutzellen werden dann unreife und nicht voll funktionsfähige weiße Blutkörperchen gebildet. Diese vermehren sich rasch, behindern die normale Blutbildung im Knochenmark und verdrängen zunehmend gesunde Blutzellen.1,2

Abhängig von der Art der Zellen, aus denen die Leukämiezellen hervorgehen, unterscheidet man die myeloische und die lymphatische Leukämie. Beide Varianten haben jeweils eine akute und eine chronische Form.1 Bei jüngeren Erwachsenen tritt überwiegend die akute lymphatische Leukämie (ALL) mit einem Häufigkeitsgipfel um das 40. Lebensjahr auf.1,3 Allerdings sind auch andere Leukämieformen in diesem Alter nicht ausgeschlossen. 

Die Art der Leukämie ist entscheidend für die Wahl der Therapie. Akute Leukämien werden in der Regel mit einer intensiven Chemotherapie behandelt, die aus Induktions-, Konsolidierungs- und anschließender Erhaltungstherapie besteht.3,4 Die hierbei eingesetzten Medikamente wirken nicht nur auf die Leukämiezellen, sondern auch auf Zellen in den Eierstöcken und Hoden, was die Fertilität bei Mann und Frau negativ beeinflussen kann.5 In bestimmten Fällen kann auch eine Stammzelltransplantation nötig sein.3,43,4 Da diese oft mit einer Hochdosis-Chemotherapie sowie einer Ganzkörperbestrahlung verbunden ist, ist das Risiko für eine dauerhafte Unfruchtbarkeit hier besonders hoch.6

 

Lymphome

Als Lymphome werden bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems bezeichnet. Sie gehen von den Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen, aus und können sowohl Lymphknoten als auch lymphatisches Gewebe in anderen Organen befallen.7 Man unterscheidet grob das Hodgkin-Lymphom von einer Vielzahl anderer Lymphome, die man gesammelt als Non-Hodgkin-Lymphome bezeichnet.8 Mit einem Erkrankungsgipfel um das 30. bzw. 40. Lebensjahr tritt das Hodgkin-Lymphom besonders häufig bei jüngeren Menschen auf.8,9 Die Behandlung besteht auch hier oft aus einer Kombination von Chemotherapie und Bestrahlung.9,10 Beide Therapieformen können die Funktion von Eierstöcken und Hoden negativ beeinflussen.2,10  Genauere Informationen zur Wirkung von unterschiedlichen Krebsbehandlungen findest du in unserem Artikel [Krebstherapien – Welchen Einfluss haben unterschiedliche Therapien auf die Fruchtbarkeit?].

Koloretales Karzinom

Krebserkrankungen des Dickdarms treten zwar überwiegend ab dem 50. Lebensjahr auf, dennoch sind etwa fünf Prozent der Betroffenen jünger als 40 Jahre.2,11 Dies ist insbesondere bei erblicher Vorbelastung der Fall, wo es bereits ab dem 20. Lebensjahr zu Fällen von Darmkrebs kommen kann.12 Unabhängig davon, ob eine genetische Ursache vorliegt oder nicht, gehört die operative Entfernung des betroffenen Darmabschnittes zur Standardtherapie. Hierbei kann es aufgrund der räumlichen Nähe zu den Geschlechtsorganen zu Beeinträchtigungen der Sexualfunktion kommen, wie etwa Erektionsstörungen aufgrund von Nervenverletzungen.2 Oft sind neben der Operation auch eine Chemotherapie und/oder eine Bestrahlung notwendig. Diese können sich negativ auf die Fruchtbarkeit von Mann und Frau auswirken.2 Warum sie dies tun und wie die Auswirkungen aussehen, erfährst du in unserem Artikel [Krebstherapien – Welchen Einfluss haben unterschiedliche Therapien auf die Fruchtbarkeit?].

Hodenkrebs

Etwa 80 Prozent der Betroffenen von Hodenkrebs sind jünger als 50 Jahre, weswegen mögliche Auswirkungen auf die Zeugungsfähigkeit besonders schwer wiegen.13 Auch wenn er häufig nur einseitig auftritt, stört das Tumorwachstum die Spermatogenese direkt: Die Krebszellen verdrängen gesundes Hodengewebe, wodurch insgesamt weniger Spermien gebildet werden können.13,14 Bei einem Großteil der betroffenen Männer liegt deswegen bereits bei Diagnosestellung eine eingeschränkte Fruchtbarkeit vor.1,5 Zur Standardtherapie gehört die operative Entfernung des betroffenen Hodens. In der Regel kann der verbliebene Hoden noch genug Spermien bilden, um die Zeugungsfähigkeit zu erhalten.13,14 Chemotherapie oder Bestrahlung kommen bei dieser Krebserkrankung nicht zwingend zum Einsatz.13 Die Chance, dass die Zeugungsfähigkeit erhalten bleibt, ist bei Hodenkrebs insgesamt gut.15

 

Malignes Melanom

Das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) wird immer öfter diagnostiziert.16 Auch wenn der Häufigkeitsgipfel insgesamt um das 60. Lebensjahr herum liegt, stellen maligne Melanome mittlerweile die häufigste Krebserkrankung bei Frauen zwischen 20 und 29 Jahren dar.16,17 Glücklicherweise werden die meisten Fälle so früh erkannt, dass eine Operation zur Entfernung des Tumors als einzige Therapie ausreicht.16 Ist der Tumor weiter fortgeschritten und hat vielleicht sogar schon Metastasen gebildet, kommen ergänzende Verfahren wie eine Bestrahlung oder die Therapie mit sogenannten zielgerichteten Wirkstoffen in Frage.16 Die Wirkung dieser „targeted therapies“ auf die Fruchtbarkeit ist noch nicht abschließend geklärt.5

 

Kann die Fertilität erhalten werden?

Glücklicherweise gibt es mittlerweile etablierte Methoden, um dem Verlust der Fertilität entgegenzuwirken. Diese fertilitätsprotektiven Verfahren, wie etwa besonders schonende Chemotherapeutika, Strahlenschutz der Reproduktionsorgane oder auch die Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen, werden sowohl vor als auch während der Krebstherapie angewandt.5,14 Oftmals ist es dank dieser Methoden für junge Menschen möglich, nach Abschluss der Krebstherapie Eltern zu werden – ob auf natürlichem Wege oder mit medizinischer Unterstützung.14
Ob fertilitätsprotektive Maßnahmen für dich in Frage kommen, und welche Option in deiner individuellen Situation für dich die richtige ist, findest du am besten im Gespräch mit deinen behandelnden Ärzt:innen heraus. Frage proaktiv nach, was es für Optionen gibt. Eventuell erhältst du auch eine Überweisung zu Fertilitätsärzt:innen oder einer Kinderwunschklinik. Hier wirst du bei Nennung deiner Diagnose und deines Anliegens bevorzugt (sehr schnell) einen Termin erhalten, um deine Fragen und Optionen zu klären. Auch unser Experten-Team steht dir jederzeit zur Verfügung und unterstützt dich bei deinen individuellen Fragestellungen zu nächsten Schritten und Vorbereitungen der Beratungstermine.

 

 

 

 

 

  1.  
Quellen
1. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/leukaemie/definition-und-haeufigkeit.html abgerufen am 04.03.2024
2. https://kinderwunsch-arzt.berlin/_media/Jantke-Buehling-Sehouli_Krebs+Kinderwunsch-100-Fragen_2018.pdf
3. https://flexikon.doccheck.com/de/Akute_lymphatische_Leuk%C3%A4mie abgerufen am 04.03.2024
4. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/leukaemie/therapie/therapie-akuter-leukaemien.html abgerufen am 04.03.2024
5. https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-082l_S2k_Fertilitaetserhaltung-beionkologischen-Therapien_2017-12-verlaengert.pdf
6. https://www.gpoh.de/kinderkrebsinfo/content/patienten/behandlung/vorbereitung_und_begleitung/familienplanung/index_ger.html abgerufen am 04.03.2024
7. https://www.pschyrembel.de/Lymphom/K0DFK abgerufen am 04.03.2024
8. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/morbus-hodgkin.html abgerufen am 04.03.2024
9. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/hodgkin-lymphom/@@guideline/html/index.html#:~:text=Das%20Hodgkin%2DLymphom%20ist%20eine,sind%20%C3%A4lter%20als%2060%20Jahre. abgerufen am 04.03.2024
10. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/morbus-hodgkin/therapie.html abgerufen am 04.03.2024
11. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/definition-und-haeufigkeit.html abgerufen am 04.03.2024
12. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/genetisch-bedingter-darmkrebs.html abgerufen am 04.03.2024
13. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/weitere-krebsarten/hodenkrebs/hodenkrebs-fruehes-erkrankungsalter-aber-.html abgerufen am 06.03.2024
14. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Kinderwunsch-und-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf
15. https://www.swissmom.ch/de/kinderwunsch/ursachen-fuer-unerfuellten-kinderwunsch/hodenkrebspatienten-koennen-vater-werden-12690 abgerufen am 06.03.2024
16. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/hautkrebs/malignes-melanom-schwarzer-hautkrebs.html abgerufen am 06.03.2024
17. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Kurzbeitraege/Archiv2018/2018_4_Thema_des_Monats_lebensverlauf.html abgerufen am 06.03.2024

Copyright © 2024 RoX Health. All rights reserved.

1.3. Vater werden trotz Krebs – ein Überblick

1.3. Vater werden trotz Krebs – ein Überblick

Vater werden trotz Krebs – ein Überblick​

Eine Krebsdiagnose kann das Leben von einem Moment auf den anderen völlig auf den Kopf stellen. Zukunftspläne, die bis eben noch feststanden, geraten dann plötzlich ins Wanken. Oft wird dabei auch die eigene Familienplanung hinterfragt: Kann ich jetzt noch leibliche Kinder haben? Wenn ja, ist dann eine Zeugung auf natürlichem Wege möglich? Worauf muss ich vielleicht schon vor Therapiebeginn achten? Und welche Möglichkeiten gibt es, meine Zeugungsfähigkeit zu erhalten? Hier findest du erste Antworten auf diese Fragen.


Wirkt sich der Krebs auf meine Zeugungsfähigkeit aus?

Nicht unbedingt. Aber es gibt Krebserkrankungen, die deine Zeugungsfähigkeit auf unterschiedliche Weise beeinflussen können. Ab der Pubertät bilden die Spermatogonien in den Hoden ständig Spermien, die zur Fortpflanzung nach der Ejakulation ihren Weg zur Eizelle der Partnerin finden müssen. Damit du ein Kind auf natürlichem Wege zeugen kannst, müssen diese in ausreichender Zahl vorliegen und eine gewisse Beweglichkeit und Form aufweisen.1
Manche Krebsarten, wie etwa der Hodenkrebs, stören die Spermatogenese direkt: Die Krebszellen verdrängen gesundes Hodengewebe, wodurch insgesamt die Spermienproduktion beeinträchtigt werden kann.2,3 Bei einem Großteil der betroffenen Männer liegt deswegen bereits bei Diagnosestellung eine eingeschränkte Fruchtbarkeit vor.4,5 Bei anderen Krebserkrankungen kann es eher aufgrund der räumlichen Nähe zu den Geschlechtsorganen zu einer Beeinträchtigung der Zeugungsfähigkeit kommen. So können Tumore im Becken durch Nervenschädigungen den Samentransport stören.6

 

Kann sich meine Krebstherapie auf meine Zeugungsfähigkeit auswirken?

Krebstherapien oder Operationen an den Geschlechtsorganen können nicht nur die Fruchtbarkeit bei Frauen, sondern auch bei Männern einschränken. Muss bei Hodenkrebs der betroffene Hoden entfernt werden, kann der verbliebene Hoden nicht immer genug Spermien produzieren, um die Zeugungsfähigkeit zu erhalten.2,3 Infolge von Operationen im Bereich des Beckens kann es zudem zu teils irreversiblen Ejakulationsstörungen kommen.5
Chemotherapien wirken sich ganzheitlich auf alle, sich schnell teilenden Zellen im Körper aus.8 Hierzu gehören auch die Spermatogonien, die für die beständige Bildung neuer Spermien verantwortlich sind.2,6 Wie genau Chemotherapien wirken und welche Auswirkungen diese auf die Fertilität haben erfährst du in unserem Artikel [Kinderwunsch und Chemotherapie – Was du dazu wissen solltest].
Auch durch eine Bestrahlung können die Spermatogonien geschädigt werden.5,7 Wenn der Beckenbereich bestrahlt werden muss, lässt sich manchmal, trotz Gonadenschutz am Hoden und genauer Planung des Strahlenfeldes, eine Streustrahlung nicht vermeiden. Wie sehr die Spermatogonien dadurch in ihrer Funktion eingeschränkt werden, hängt maßgeblich von der Strahlendosis ab.2,5,7

Welche Möglichkeiten zum Erhalt meiner Zeugungsfähigkeit gibt es?

Glücklicherweise gibt es etablierte Methoden trotz eingeschränkter Zeugungsfähigkeit leibliche Kinder zu haben.9 Welche Maßnahmen bei dir genau in Frage kommen, hängt von deiner individuellen Situation ab.7 Im Allgemeinen gilt aber die Kryokonservierung von Spermien als Standardverfahren.5 Dabei werden vor Beginn der Krebstherapie die Samenzellen gewonnen und für eine spätere künstliche Befruchtung mit flüssigem Stickstoff als Spermiendepot tiefgefroren.5,7,9,10
Sollten sich im Ejakulat keine Spermien finden oder ist eine Ejakulation nicht möglich, können kleine Gewebestücke aus dem Hoden entnommen werden. Das Gewebe wird dann mit den darin enthaltenen Spermien eingefroren.9,10 Dieses Verfahren nennt man testikuläre Spermienextraktion (TESE).2,10 Die Spermien können dann zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Gewebe gelöst und für eine künstliche Befruchtung genutzt werden.

Vater werden – mehrere Wege können zum Ziel führen

Wenn noch Spermien gebildet werden, die Zahl und Funktionstüchtigkeit aber zu sehr vermindert sind, kann eine assistierte Befruchtung stattfinden.7 Dabei werden die zuvor abgegebenen Spermien während der fruchtbaren Tage der Partnerin direkt in deren Gebärmutter eingebracht. Man spricht dann von einer sogenannten intrauterinen Insemination (IUI).2,7
Kommt dies nicht in Frage, können die vor der Krebstherapie eingefrorenen Spermien oder ein frisches Ejakulat mit Spermien für eine künstliche Befruchtung genutzt werden. Hier kommen insbesondere die In-vitro-Fertilisation (IVF) und die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) zum Einsatz.2,7 Dafür werden der Partnerin jeweils eine oder mehrere reife Eizellen entnommen. Bei der IVF werden Ei- und Samenzellen zusammen in ein Gefäß gegeben. Dort finden die Samenzellen ohne gezielte Hilfe den Weg zu den Eizellen und können in diese eindringen.2,7 Bei der ICSI wird ein einzelnes Spermium mithilfe spezieller Instrumente direkt in eine Eizelle injiziert.2,7 Bei beiden Methoden werden die befruchteten Eizellen ein paar Tage im Brutschrank beobachtet, bevor sie in die Gebärmutter der Partnerin übertragen werden.2
Die Chancen auf ein leibliches Kind nach einer Krebserkrankung sind nicht so schlecht, wie es jetzt vielleicht für dich den Anschein haben mag. Viele junge Menschen werden nach einer Krebsbehandlung auf natürlichem Wege Eltern.2 Das zuvor angelegte Spermadepot wird nur in weniger als zehn Prozent der Fälle tatsächlich genutzt.11 Daten deuten auch darauf hin, dass Lagerungszeiten von bis zu zehn Jahren keinen wesentlichen Einfluss auf die Samenqualität haben.4 Der Einsatz kryokonservierte Spermien führt, abhängig vom Alter und anderen individuellen Faktoren der Partnerin, in etwa der Hälfte der Fälle zum Erfolg.11
 

Copyright © 2024 RoX Health. All rights reserved.

1.2. Elternschaft trotz Krebs

1.2. Elternschaft trotz Krebs

Elternschaft trotz Krebs​

Eltern werden und Krebs – wann ist der richtige Zeitpunkt?


Die Planung und auch die Phase der Schwangerschaft selbst sind schon unter normalen Bedingungen für beide Elternteile eine besondere Zeit. Nach einer überstandenen Krebserkrankung kann sie noch einmal intensiver sein – gerade wenn auch assistierte Methoden der Empfängnis notwendig sind. In diesem Artikel findest du ein paar Impulse zur Wahl des Zeitpunktes sowie Wissenswertes zu besonderen Risiken einer Schwangerschaft und zu potenziellen Risiken für dein Kind.

1,2
Wann kann es mit der Familienplanung losgehen?

Es mag nicht überraschend sein, dass es keine pauschale Empfehlung für den richtigen Zeitpunkt gibt. Dieser ist von individuellen Faktoren, wie beispielsweise dem Alter sowie der Prognose der Krebserkrankung, abhängig.1 Trotzdem möchten wir euch hier einige grundlegende Überlegungen mitgeben, die bei der Entscheidung zum Startschuss für die konkrete Umsetzung der Familienplanung unterstützen können. Dabei gibt es zwei wesentliche Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Dein Körper braucht Zeit, sich von der Krebsbehandlung zu erholen: Noch im Körper befindliche Rückstände der Krebstherapie können die Entwicklung des Embryos beeinträchtigen.1 Um für eine Schwangerschaft sicherzustellen, dass der Körper frei von solchen Rückständen ist, wird ein Abstand von mindestens drei Monaten zum Therapieende empfohlen.2 Die genaue Dauer ist hier abhängig von der Therapieform, deinen körperlichen Voraussetzungen sowie der Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Krebserkrankung. Lass dich hier in jedem Fall ärztlich individuell beraten. Beim Mann kann eine Krebstherapie die Spermienbildung beeinflussen und neben dem Erbgut deren Form oder Beweglichkeit beeinträchtigen.3,4 In einem Spermatogramm kann der Anteil an gesunden und beweglichen Spermien festgestellt werden. Die Spermienreifung nimmt in etwa zweieinhalb Monate in Anspruch.5 Nach einem Zeitraum von 3 Monaten sollten alle, während der Krebstherapie direkt geschädigten Spermien, abgestorben und durch neu-gebildete ersetzt worden sein.6 Da viele Krebstherapien auch eine direkte Auswirkung auf die Spermatogonien haben, kann es deutlich länger dauern, bis sich die Spermienproduktion komplett erholt hat.3,4

     

  2. Auch deine Seele kann eine gewisse Erholungszeit benötigen: Dabei hängt die Dauer dieser Bewältigungsphase von vielen unterschiedlichen, teils auch körperlichen Faktoren ab und kann bei jedem zukünftigen Elternteil unterschiedlich sein.6 Eine Schwangerschaft und die erste Zeit nach der Geburt können auch unter normalen Umständen viel Kraft kosten. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Zeit vor der Schwangerschaft zu nutzen, um alle Rehabilitationsmaßnahmen abzuschließen und als Paar eine gute emotionale Balance und körperliche Gesundheit sicherzustellen. Aus diesem Grund gibt es Expertenempfehlungen, die eine Wartezeit von ungefähr zwei Jahren für eine Schwangerschaft nach einer Krebserkrankung anraten.7

 

Nachwuchs nach einer Krebstherapie – (K)eine Schwangerschaft wie jede andere

Im Allgemeinen gehen Expert:innen davon aus, dass eine natürliche Schwangerschaft nach Krebstherapie nur eintreten kann, wenn noch gesunde Keimzellen vorhanden sind.1 Wird eine Schwangerschaft medizinisch unterstützt in die Wege geleitet, schaffen Qualitätskontrollen, wie ein Spermatogramm oder die Kontrolle der Blastozystenentwicklung im Brutschrank, von vornherein eine bestmögliche Grundlage für die Schwangerschaft .4 Dennoch werden ehemalige Krebspatientinnen, wie beispielsweise auch Frauen ab einem Alter von 35 Jahren, häufig als „Risikoschwangere“ eingestuft.8 Dies ermöglicht engmaschige Kontrollen, wodurch das Restrisiko für die Schwangerschaft möglichst gering gehalten werden kann. Insgesamt scheint eine vorhergehende Krebsbehandlung keinen negativen Einfluss auf das Risiko einer Totgeburt zu haben.9 Weitere Datenerhebungen zeigen, dass Schwangerschaften nach Chemotherapie nicht zu einer erhöhten Rate an Fehl- oder Frühgeburten führen.10 Allerdings kann es im Verlauf der Schwangerschaft häufiger zu Komplikationen kommen, die durch die enge ärztliche Begleitung in der Regel gut aufgefangen werden können.10 Das Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt kann auch nach Operationen oder Bestrahlungen im Beckenbereich erhöht sein, wenn diese zu einer Vernarbung, Verhärtung oder Mangeldurchblutung der Gebärmutter führen.6 Grundsätzlich gilt, dass ein schlechter gesundheitlicher Allgemeinzustand der Schwangeren dazu führen kann, dass der Fötus unterversorgt wird, wodurch es zu einer verzögerten Entwicklung, Fehl- oder Frühgeburt kommen kann.11
Glücklicherweise führt eine Krebstherapie aber nicht zwangsläufig zu Komplikationen in der Schwangerschaft. Auch hier spielen viele individuelle Faktoren neben der eigentlichen Diagnose und der durchgeführten Therapie eine Rolle.1,4 Deine behandelnden Ärzt:innen können dir eine erste Einschätzung zu deiner individuellen Situation geben und, wenn nötig, an Spezialist:innen verweisen.

Nachwuchs ist unterwegs – Was passiert, wenn der Krebs wiederkommt?

Diese Frage beschäftigt nicht nur dich als Betroffene:n selbst, sondern auch deinen Partner oder deine Partnerin. Niemand kann euch als Eltern sagen, wie die Prognose im Einzelfall aussieht. Auch Statistiken sind da nur bedingt aussagefähig. Mit dieser Unsicherheit und oft auch Angst zu leben ist eine Herausforderung, vor der viele betroffene Elternpaare stehen. Hier können offene Gespräche, auch mit psychologischer Unterstützung, förderlich sein. Es kann auch helfen, sich aktiv mit seinen Ängsten auseinander zu setzen und diese niederzuschreiben.12 Diese Vorgehensweise kann das Gefühl von Hilflosigkeit in Bezug auf nicht zu beeinflussende Faktoren reduzieren.12 Einige Krebserkrankungen, wie beispielsweise bestimmte Formen von Brustkrebs, erfordern eine Nachbehandlung von bis zu zehn Jahren.13 Hier gibt es mittlerweile wissenschaftliche Daten, dass das Risiko für ein Wiederauftreten der Krebserkrankung nach einer zweijähriger Therapieunterbrechung wegen Schwangerschaft nicht erhöht ist.14 Tritt der Krebs während der Schwangerschaft doch wieder auf, gibt es auch Möglichkeiten zur Krebstherapie bei der werdenden Mutter ohne die Schwangerschaft abzubrechen.15

Plane (d)ein Leben nach dem Krebs

Das Thema Familienplanung trotz Krebs ist ein sensibles Thema. Welche Vorgehensweise in deiner individuellen Situation für dich die richtige ist, findest du am besten im Gespräch mit deinen behandelnden Ärzt:innen heraus. Frage proaktiv nach, was in eurer familiären Situation am sinnvollsten ist. Auch unser Experten-Team steht dir jederzeit zur Verfügung. Es kann Optionen aufzeigen und helfen, euren eigenen Weg als zukünftige Eltern zu finden.

 

Quellen 

  1.  1. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Kinderwunsch-und-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf

    2. https://www.nds-krebsgesellschaft.de/downloads/broschueren/nebenwirkung-krebstherapie_web.pdf 

    3. Vakalopoulos I, Dimou P, Anagnostou I, Zeginiadou T. Impact of cancer and cancer treatment on male fertility. Hormones (Athens). 2015 Oct-Dec;14(4):579-89. doi: 10.14310/horm.2002.1620 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26732148/ 

    4. https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-082l_S2k_Fertilitaetserhaltung-bei-onkologischen-Therapien_2017-12-verlaengert.pdf

    5. https://flexikon.doccheck.com/de/Spermatogenese abgerufen am 05.03.2024

    6. https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/kinderwunsch/kinderwunsch-risiken-fuer-kinder.php abgerufen am 05.03.2024

    7. https://kinderwunsch-arzt.berlin/_media/Jantke-Buehling-Sehouli_Krebs+Kinderwunsch-100-Fragen_2018.pdf
    8. https://flexikon.doccheck.com/de/Risikoschwangerschaft abgerufen am 07.03.2024

    9. Murphy CC et al. Stillbirth after adolescent and young adult cancer: a population-based study. J Natl Cancer Inst 2022; djac168. doi: 10.1093/jnci/djac168.

    10. Sorokine A et al. Maternal and neonatal outcomes in women with a history of chemotherapy exposure: a population-based study of 8 million obstetric admissions. Archives of Gynecology and Obstetrics 2022

    11. Prävention für Mutter und Kind | PZ – Pharmazeutische Zeitung (pharmazeutische-zeitung.de)

    12. https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/217286/full.pdf abgerufen am 06.03.2024

    13. https://register.awmf.org/assets/guidelines/032-045OLl_S3_Mammakarzinom_2021-07.pdf
    14. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2212856

    15. https://www.onkopedia.com/de/ayapedia/guidelines/krebs-und-schwangerschaft/@@guideline/html/index.html 
     

Copyright © 2024 RoX Health. All rights reserved.

1.0. Eltern werden trotz Diagnose Krebs- kommt das noch in Frage?

1.0. Eltern werden trotz Diagnose Krebs- kommt das noch in Frage?

Eltern werden trotz Diagnose Krebs- kommt das noch in Frage?

Aufgrund neuer therapeutischer Methoden hat sich die Überlebens- und Heilungschance bei vielen Krebsarten immens gesteigert.1-4 Daher ist es richtig und auch wichtig, dass du dich bereits früh mit deinem Leben nach dem Krebs auseinandersetzt. Auch der Wunsch nach einem (weiteren) Kind trotz Krebs ist schon lange kein Tabuthema mehr. In einem guten onkologischen Beratungsgespräch sollte diese Frage auch ausführlich adressiert werden. Vor allem die Behandlungsoptionen, manchmal aber auch der Krebs an sich, können die  Chancen auf leibliche Kinder erschweren. Vielleicht beschäftigt dich die Frage, ob mit deiner Krebsdiagnose eine Elternschaft zukünftig überhaupt noch denkbar ist? Kannst du deine Krebserkrankung weitervererben oder kann sich eine vorausgegangene Therapie negativ auf dein Kind auswirken? Mit diesem Artikel wollen wir dir einen ersten Überblick zu diesen Themen geben.

Krebs ist nicht gleich Krebs

Von einer Krebserkrankung kann im Prinzip jede Körperregion und jedes Organsystem betroffen sein. Um die Frage zu beantworten, ob deine Krebserkrankung an sich Auswirkungen auf deine Fertilität haben kann, spielt vor allem eine Rolle, wo der Tumor und gegebenenfalls Metastasen lokalisiert sind. Neben dem Ort spielen auch die räumliche Ausbreitung und die Tumorgröße eine Rolle. Nimmst du die regelmäßigen Vorsorgetermine wahr, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass deine Krebserkrankung in einem frühen Stadium entdeckt wird.5 Sobald die Geschlechtsorgane, wie Eierstöcke, Gebärmutter oder Hoden direkt betroffen sind, kann der Krebs per se die Fruchtbarkeit zeitweise oder sogar dauerhaft einschränken.1,6

  • Mammakarzinom (Brustkrebs)
  • Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs)
  • Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
  • Hodenkrebs
  • Leukämie (Blutkrebs)
  • Lymphom
  • malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs)
  • kolorektales Karzinom (Dickdarmkrebs)
  • Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs)
  • Vulvakrebs
  • Vaginalkrebs
  • Eileiterkrebs

Tiefergehende Informationen zu den Auswirkungen der häufigsten Krebserkrankungen im jungen Erwachsenenalter7 und ihrer Therapien findest du in unseren Artikeln [Krebs ist nicht gleich Krebs] und [Leibliche Kinder nach OP].

 

Diagnose Krebs – gebe ich die Erkrankung weiter?

Ein Aspekt bei der Entscheidung für oder gegen ein (weiteres) Kind ist sicherlich auch die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass dein Kind ebenfalls an Krebs erkranken wird. Ist Krebs vererbbar? Krebs an sich ist keine typische Erbkrankheit.8 Vererbt werden kann jedoch bei manchen Krebsarten die Veranlagung für die Erkrankung.9 Die Wahrscheinlichkeit der Vererbung einer Krebserkrankung ist so unterschiedlich wie die Krebsarten selbst. Eine fundierte humangenetische Beratung basierend auf bestimmten Eigenschaften deines Tumors kann hier Klarheit bringen. Bei einigen wenigen Krebsarten, wie Brust-, Eierstock- oder Darmkrebs sind bestimmte Gene bekannt, bei denen eine Veränderung in der Funktionsweise mit einer großen Erkrankungswahrscheinlichkeit verbunden ist.8 Bei diesen Krebsarten kann dann mitunter eine familiäre Häufung vorliegen. Dies bedeutet, dass Familienmitglieder mehrerer Generationen, häufiger als man es statistisch erwarten würde, von dieser Krebserkrankung betroffen sind. Ob eine solche genetische Prädisposition vorliegt, kann humangenetisch ermittelt werden.4,8 Jedoch bedeutet auch das Vorliegen einer solchen genetischen Veranlagung nicht zwangsläufig, dass die Krebserkrankung ausbricht. Krebserkrankungen werden, abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen, multifaktoriell ausgelöst. Neben dem Vorliegen von genetischen Prädispositionen spielen der Lebensstil und wahrscheinlich auch Umweltfaktoren eine Rolle.8 Ist bei dir eine solche genetische Veranlagung bekannt, sind engmaschige Früherkennungsuntersuchungen für alle deine Kinder und nahen Verwandten sehr empfehlenswert.

Kann meine vorausgegangene Therapie meinem Kind schaden?

Diese Frage stellen sich wahrscheinlich alle Krebspatient:innen, die über zukünftige Elternschaft nachdenken. Krebstherapien sind oft invasiv und können den Körper der Betroffenen mitunter sehr belasten. Aber wie sieht es mit „Folgeschäden“ aus? Also konkret: Ist mein Erbgut eventuell durch die Therapie verändert, sodass dies meinem Kind schaden könnte? Die Antwort darauf ist nicht einfach, da natürlich hier die genaue Form der Therapie, wie z.B. Chemotherapie oder Bestrahlung, betrachtet werden muss.10,11 Jedoch gehen Fachleute von einem Alles-oder-Nichts-Prinzip aus, das sowohl für Männer als auch Frauen gilt. Dies bedeutet, dass eine Schwangerschaft nach einer Krebstherapie in der Regel nur eintreten kann, wenn noch gesunde Keimzellen vorhanden sind.10 Um jedes Restrisiko möglichst gering zu halten und potentiellen Komplikationen in deiner Schwangerschaft vorzubeugen, werden ehemalige Krebspatientinnen aus diesem Grund in der Regel als Risiko-Schwangere eingestuft.11 Diese Einstufung ermöglicht eine engmaschigere medizinische Überwachung von Mutter und Kind. Neben deiner vorherigen Krebserkrankung gibt es auch viele andere Faktoren, wie ein Alter der Mutter von über 35 Jahren, die dazu führen können, dass eine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingeordnet wird. 12

 

Quellen

1.https://kinderwunsch-arzt.berlin/Kinderwunsch-und-Krebs.php abgerufen am 04.04.2024 

2. https://www.aerzteblatt.de/archiv/48515/Verbesserte-Langzeitueberlebensraten-von-Krebspatienten-Die-unterschaetzten-Fortschritte-der-Onkologie abgerufen am 04.04.2024 

3. https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/survivors-krebs-ueberleben.php abgerufen am 04.04.2024 

4. https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-082l_S2k_Fertilitaetserhaltung-bei-onkologischen-Therapien_2017-12-verlaengert.pdf  

5. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/vorsorge-und-frueherkennung/krebsfrueherkennung.html abgerufen am 04.04.2024 

6. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/leben-mit-krebs/kinderwunsch-und-krebs/erhalt-der-fruchtbarkeit.html abgerufen am 04.04.2024

7. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Kurzbeitraege/Archiv2018/2018_4_Thema_des_Monats_lebensverlauf.html abgerufen am 04.04.2024 

8. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/genetisch-bedingter-krebs.html abgerufen am 04.04.2024 

9. https://krebs.aok.de/wissen-ueber-krebs/was-krebs-foerdern-kann/vererbung/ abgerufen am 04.04.2024 

10. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Kinderwunsch-und-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf 

11. https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/kinderwunsch/kinderwunsch-risiken-fuer-kinder.php abgerufen am 04.04.2024 

12. Risikoschwangerschaft: Was bedeutet das genau? | Eltern.de abgerufen am 04.04.2024  

Copyright © 2024 RoX Health. All rights reserved.