Eltern werden und Krebs – wann ist der richtige Zeitpunkt?

Die Planung und auch die Phase der Schwangerschaft selbst sind schon unter normalen Bedingungen für beide Elternteile eine besondere Zeit. Nach einer überstandenen Krebserkrankung kann sie noch einmal intensiver sein – gerade wenn auch assistierte Methoden der Empfängnis notwendig sind. In diesem Artikel findest du ein paar Impulse zur Wahl des Zeitpunktes sowie Wissenswertes zu besonderen Risiken einer Schwangerschaft und zu potenziellen Risiken für dein Kind.

Wann kann es mit der Familienplanung losgehen?

Es mag nicht überraschend sein, dass es keine pauschale Empfehlung für den richtigen Zeitpunkt gibt. Dieser ist von individuellen Faktoren, wie beispielsweise dem Alter sowie der Prognose der Krebserkrankung, abhängig. Trotzdem möchten wir euch hier einige grundlegende Überlegungen mitgeben, die bei der Entscheidung zum Startschuss für die konkrete Umsetzung der Familienplanung unterstützen können. Dabei gibt es zwei wesentliche Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Dein Körper braucht Zeit, sich von der Krebsbehandlung zu erholen: Noch im Körper befindliche Rückstände der Krebstherapie können die Entwicklung des Embryos beeinträchtigen.1 Um für eine Schwangerschaft sicherzustellen, dass der Körper frei von solchen Rückständen ist, wird ein Abstand von mindestens drei Monaten zum Therapieende empfohlen. Die genaue Dauer ist hier abhängig von der Therapieform, deinen körperlichen Voraussetzungen sowie der Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Krebserkrankung. Lass dich hier in jedem Fall ärztlich individuell beraten. Beim Mann kann eine Krebstherapie die Spermienbildung beeinflussen und neben dem Erbgut deren Form oder Beweglichkeit beeinträchtigen.3,4 In einem Spermatogramm kann der Anteil an gesunden und beweglichen Spermien festgestellt werden. Die Spermienreifung nimmt in etwa zweieinhalb Monate in Anspruch. Nach einem Zeitraum von 3 Monaten sollten alle, während der Krebstherapie direkt geschädigten Spermien, abgestorben und durch neu-gebildete ersetzt worden sein. Da viele Krebstherapien auch eine direkte Auswirkung auf die Spermatogonien haben, kann es deutlich länger dauern, bis sich die Spermienproduktion komplett erholt hat.
  2. Auch deine Seele kann eine gewisse Erholungszeit benötigen: Dabei hängt die Dauer dieser Bewältigungsphase von vielen unterschiedlichen, teils auch körperlichen Faktoren ab und kann bei jedem zukünftigen Elternteil unterschiedlich sein. Eine Schwangerschaft und die erste Zeit nach der Geburt können auch unter normalen Umständen viel Kraft kosten. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Zeit vor der Schwangerschaft zu nutzen, um alle Rehabilitationsmaßnahmen abzuschließen und als Paar eine gute emotionale Balance und körperliche Gesundheit sicherzustellen. Aus diesem Grund gibt es Expertenempfehlungen, die eine Wartezeit von ungefähr zwei Jahren für eine Schwangerschaft nach einer Krebserkrankung anraten.

Nachwuchs nach einer Krebstherapie – (K)eine Schwangerschaft wie jede andere  

Im Allgemeinen gehen Expert:innen davon aus, dass eine natürliche Schwangerschaft nach Krebstherapie nur eintreten kann, wenn noch gesunde Keimzellen vorhanden sind.1 Wird eine Schwangerschaft medizinisch unterstützt in die Wege geleitet, schaffen Qualitätskontrollen, wie ein Spermatogramm oder die Kontrolle der Blastozystenentwicklung im Brutschrank, von vornherein eine bestmögliche Grundlage für die Schwangerschaft. Dennoch werden ehemalige Krebspatientinnen, wie beispielsweise auch Frauen ab einem Alter von 35 Jahren, häufig als „Risikoschwangere“ eingestuft. Dies ermöglicht engmaschige Kontrollen, wodurch das Restrisiko für die Schwangerschaft möglichst gering gehalten werden kann. Insgesamt scheint eine vorhergehende Krebsbehandlung keinen negativen Einfluss auf das Risiko einer Totgeburt zu haben. Weitere Datenerhebungen zeigen, dass Schwangerschaften nach Chemotherapie nicht zu einer erhöhten Rate an Fehl- oder Frühgeburten führen.10 Allerdings kann es im Verlauf der Schwangerschaft häufiger zu Komplikationen kommen, die durch die enge ärztliche Begleitung in der Regel gut aufgefangen werden können.10 Das Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt kann auch nach Operationen oder Bestrahlungen im Beckenbereich erhöht sein, wenn diese zu einer Vernarbung, Verhärtung oder Mangeldurchblutung der Gebärmutter führen. Grundsätzlich gilt, dass ein schlechter gesundheitlicher Allgemeinzustand der Schwangeren dazu führen kann, dass der Fötus unterversorgt wird, wodurch es zu einer verzögerten Entwicklung, Fehl- oder Frühgeburt kommen kann.

Glücklicherweise führt eine Krebstherapie aber nicht zwangsläufig zu Komplikationen in der Schwangerschaft. Auch hier spielen viele individuelle Faktoren neben der eigentlichen Diagnose und der durchgeführten Therapie eine Rolle. Deine behandelnden Ärzt:innen können dir eine erste Einschätzung zu deiner individuellen Situation geben und, wenn nötig, an Spezialist:innen verweisen.

Nachwuchs ist unterwegs – Was passiert, wenn der Krebs wiederkommt?

Diese Frage beschäftigt nicht nur dich als Betroffene:n selbst, sondern auch deinen Partner oder deine Partnerin. Niemand kann euch als Eltern sagen, wie die Prognose im Einzelfall aussieht. Auch Statistiken sind da nur bedingt aussagefähig. Mit dieser Unsicherheit und oft auch Angst zu leben ist eine Herausforderung, vor der viele betroffene Elternpaare stehen. Hier können offene Gespräche, auch mit psychologischer Unterstützung, förderlich sein. Es kann auch helfen, sich aktiv mit seinen Ängsten auseinander zu setzen und diese niederzuschreiben. Diese Vorgehensweise kann das Gefühl von Hilflosigkeit in Bezug auf nicht zu beeinflussende Faktoren reduzieren.12 Einige Krebserkrankungen, wie beispielsweise bestimmte Formen von Brustkrebs, erfordern eine Nachbehandlung von bis zu zehn Jahren. Hier gibt es mittlerweile wissenschaftliche Daten, dass das Risiko für ein Wiederauftreten der Krebserkrankung nach einer zweijähriger Therapieunterbrechung wegen Schwangerschaft nicht erhöht ist. Tritt der Krebs während der Schwangerschaft doch wieder auf, gibt es auch Möglichkeiten zur Krebstherapie bei der werdenden Mutter ohne die Schwangerschaft abzubrechen.

Plane (d)ein Leben nach dem Krebs

Das Thema Familienplanung trotz Krebs ist ein sensibles Thema. Welche Vorgehensweise in deiner individuellen Situation für dich die richtige ist, findest du am besten im Gespräch mit deinen behandelnden Ärzt:innen heraus. Frage proaktiv nach, was in eurer familiären Situation am sinnvollsten ist. Auch unser Experten-Team steht dir jederzeit zur Verfügung. Es kann Optionen aufzeigen und helfen, euren eigenen Weg als zukünftige Eltern zu finden.

Quellen

  1. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Kinderwunsch-und-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf
  2. https://www.nds-krebsgesellschaft.de/downloads/broschueren/nebenwirkung-krebstherapie_web.pdf 
  3. Vakalopoulos I, Dimou P, Anagnostou I, Zeginiadou T. Impact of cancer and cancer treatment on male fertility. Hormones (Athens). 2015 Oct-Dec;14(4):579-89. doi: 10.14310/horm.2002.1620 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26732148/ 
  4. https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-082l_S2k_Fertilitaetserhaltung-bei-onkologischen-Therapien_2017-12-verlaengert.pdf
  5. https://flexikon.doccheck.com/de/Spermatogenese abgerufen am 05.03.2024
  6. https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/kinderwunsch/kinderwunsch-risiken-fuer-kinder.php abgerufen am 05.03.2024
  7. https://kinderwunsch-arzt.berlin/_media/Jantke-Buehling-Sehouli_Krebs+Kinderwunsch-100-Fragen_2018.pdf
  8. https://flexikon.doccheck.com/de/Risikoschwangerschaft abgerufen am 07.03.2024
  9. Murphy CC et al. Stillbirth after adolescent and young adult cancer: a population-based study. J Natl Cancer Inst 2022; djac168. doi: 10.1093/jnci/djac168.
  10. Sorokine A et al. Maternal and neonatal outcomes in women with a history of chemotherapy exposure: a population-based study of 8 million obstetric admissions. Archives of Gynecology and Obstetrics 2022
  11. Prävention für Mutter und Kind | PZ – Pharmazeutische Zeitung (pharmazeutische-zeitung.de)
  12. https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/217286/full.pdf abgerufen am 06.03.2024
  13. https://register.awmf.org/assets/guidelines/032-045OLl_S3_Mammakarzinom_2021-07.pdf
  14. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2212856
  15. https://www.onkopedia.com/de/ayapedia/guidelines/krebs-und-schwangerschaft/@@guideline/html/index.html 

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